Mitteilungsvorlage - MV/2024/070
Grunddaten
- Betreff:
-
Informationen der unteren Verkehrsbehörde zu den angeregten Maßnahmen aus dem Lärmaktionsplan Runde IV hinsichtlich Geschwindigkeitsreduzierungen auf Tempo 30
- Status:
- öffentlich (Vorlage freigegeben)
- Vorlageart:
- Mitteilungsvorlage
- Federführend:
- Fachdienst Stadt- u. Landschaftsplanung
- Beteiligt:
- Fachdienst Ordnung und Einwohnerservice
- Geschäftszeichen:
- 1-301/V
Beratungsfolge
| Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Planungsausschuss
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Kenntnisnahme
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03.09.2024
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Begründung der Verwaltungsempfehlung
In der Sitzung des Planungsausschusses am 28.05.2024 wurde verabredet, dass die untere Verkehrsbehörde nach der Sommerpause den Planungsausschuss über die Umsetzungsmöglichkeiten der empfohlenen Maßnahmen aus dem Lärmaktionsplan Runde IV hinsichtlich Geschwindigkeitsreduzierungen auf Tempo 30 informiert.
Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens, bei dem es sich um eine Weisungsaufgabe handelt, zieht die untere Straßenverkehrsbehörde die Verkehrslärmschutzverordnung sowie die Lärmschutz-Richtlinie StV als rechtliche Grundlage heran. Maßnahmen kommen insbesondere dann in Betracht, wenn die in Ziffer 2.2 der Lärmschutz-Richtlinien-StV genannten Richtwerte überschritten werden. Bei Vorliegen einer unzumutbaren Lärmbelastung der Wohn-/Bevölkerung durch Lärm ist zusätzlich zu prüfen, ob die vorgesehene Maßnahme geeignet ist eine effektive (d.h. subjektiv wahrnehmbare) Pegelminderung nach Ziffer 4.1 der Lärmschutz-Richtlinien-StV zu bewirken. Die Maßnahme muss unter Berücksichtigung weiterer geeigneter Maßnahmen überdies das mildeste Mittel darstellen. Schlussendlich hat eine Interessensabwägung zu erfolgen, die neben den Interessen der Verkehrsteilnehmer sowie anderer Anwohner von Straßen, auf denen sich der Verkehr in Folge der Maßnahme verlagern könnte, insbesondere auch die besondere Funktion der betroffenen Straße und das quantitative Ausmaß der Anzahl der Lärmbetroffenen zu berücksichtigen. Die verkehrlichen, wirtschaftlichen und personenbezogenen Auswirkungen eventueller Maßnahmen sind umfassend und objektiv zu bewerten.
Die untere Straßenverkehrsbehörde benötigt für die Bewertung die ermittelten Mittelungspegel tagsüber & nachts nach der Berechnung nach den RLS-90. Derzeit liegen jedoch Lärmwerte vor, die entsprechend der Berechnungsmethode für die Lärmkartierung nach BUB/BEB ermittelt wurden, nicht nach RLS-90. Folglich kann derzeit seitens der unteren Straßenverkehrsbehörde keine Überprüfung hinsichtlich der Überschreitung der Richtwerte der in Ziffer 2.2 der Lärmschutz-Richtlinien-StV vorgenommen werden. Ein Vergleich von Grenzwerten, deren Herkunft unterschiedliche Berechnungsmethoden sind, ist nicht möglich.
Zudem benötigt die untere Straßenverkehrsbehörde für die erforderliche Interessenabwägung entsprechende Stellungnahmen des Polizeireviers Wedel, der Polizeidirektion Bad Segeberg, der Kooperative Regionalleitstelle West, der Rettungsdienst-Kooperation in Schleswig-Holstein sowie der Freiweilligen Feuerwehr Wedel. Diese Stellungnahmen sind für die erforderliche Interessenabwägung seitens der unteren Verkehrsbehörde von enormer Bedeutung. Nur von diesen Institutionen kann eingeschätzt werden, inwieweit u.a. die straßenbezogenen Geschwindigkeitsreduzierungen die Hilfsfrist beeinflussen könnten und somit die Zeitspanne, innerhalb derer eine Rettungseinheit ab dem Notrufeingang am Einsatzort eintreffen soll, verändert.
Der umfangreiche Abwägungsprozess aller in dem Lärmaktionsplan genannten Straßenzüge konnte seitens der unteren Straßenverkehrsbehörde folglich noch nicht abgeschlossen werden. Ein ordnungsgemäßer Abwägungsprozess und die Dokumentation des Ergebnisses sind jedoch zwingende Voraussetzungen für eine rechtssichere Anordnung von verkehrsrechtlichen Maßnahmen. Allerdings möchten wir Ihnen hiermit bereits erste Einschätzungen hinsichtlich einiger angeregten Maßnahmen aus dem Lärmaktionsplan Runde IV hinsichtlich Geschwindigkeitsreduzierungen auf Tempo 30 geben.
Bei der Rissener Straße handelt es sich um eine Bundesstraße gem. § 1 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG), die für den weiträumigen Verkehr mit Kraftfahrzeugen bestimmt ist. Der Verkehr soll zügig abgewickelt werden können. Auch die Richtlinie verweist in Ziffer 3.3 darauf, dass auf den Straßen des überörtlichen Verkehrs der weiträumige Verkehr gebündelt wird, und damit der innerörtliche Verkehr insbesondere in den reinen Wohngebieten entlastet werden soll.
Bei Ausweisung einer Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km /h ist davon auszugehen, dass sich die Verkehrsströme auf die Nebenstraßen verlagern werden. Dies würde wiederum zu Lärmbeeinträchtigungen der Anlieger in diesen Straßen führen.
Beispielsweise würde sich bei einer Temporeduzierung der Pinneberger Straße der Verkehr auf die Straße Autal verlagern. Insbesondere in der Straße Autal ist aus Sicht der unteren Straßenverkehrsbehörde die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, wegen des dort vorhandenen Bahnübergangs, stark beeinträchtigt. Bereits jetzt kommt es teilweise zu Staubildungen, bis hin zum Kreuzungsbereich Autal/Rissener Straße.
Die Pinneberger Straße, Gärtnerstraße und die Rud.-Breitscheid-Str. sind Teil des Vorbehaltsnetzes, welches für die Abwicklung eines leistungsfähigen innerstädtischen KFZ-Verkehrs und des ÖPNV steht. Beispielsweise wird die L 105 zwischen Am Marktplatz und Breiter Weg von den Linien 289 und 395 befahren, diese wären von einer Geschwindigkeitsreduzierung direkt betroffen. Gemäß Stellungnahme der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein GmbH sowie SVG Südwestholstein ÖPNV-Verwaltungsgemeinschaft würde die Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit von 50 auf 30 km/h Fahrzeitverlängerungen nach sich ziehen. Bezogen auf das Beispiel L105 ist die Fahrplanstabilität der Ringlinie 289 (S-Wedel – Moorwegsiedlung) bereits heute äußerst kritisch und wiederholt Anlass für Kundenbeschwerden. Eine Verlängerung der Fahrzeiten lassen einen der beiden S-Bahnanschlüsse nach Aussage der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein GmbH unmöglich werden, in jedem Falle wird es für eine der beiden Richtungen eine Reisezeitverlängerung von mindestens 20 Minuten bedeuten. Ebenfalls wäre die Linie 594, die mit vier Orten (Wedel, Pinneberg, Quickborn und Norderstedt) mit Schnellbahnlinien verknüpft ist, von einer Geschwindigkeitsreduzierung auf 30 km/h betroffen.
Bei einer Geschwindigkeitsreduzierung von Straßen, die als Vorbehaltsnetz der Abwicklung des ÖPNV dienen, ist zu erwarten, dass bisher bestehende Anschlüsse in Gefahr geraten bzw. nicht mehr erreicht werden. Für Fahrgäste hat dies die Konsequenz, dass im ungünstigsten Falle bisher mögliche Fahrbeziehungen unmöglich werden und die hohe überörtliche Verbindungsfunktion der entsprechenden Linie Schaden nimmt. Auch diese Kriterien spielen im Rahmen des erforderlichen Abwägungsprozesses eine wichtige Rolle.
Abschließend ist erwähnenswert, dass die obere Straßenverkehrsbehörde als Fachaufsicht der unteren Straßenverkehrsbehörde in ihrer Stellungnahme darauf hingewiesen hat, dass die zuständige Straßenverkehrsbehörde an eine derartige Ausführung im Lärmaktionsplan nicht gebunden ist. Sofern die Gemeinde die Straßenverkehrsbehörde um Prüfung und Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung aus Gründen des Lärmschutzes bittet, besteht unter diesen Voraussetzungen kein Anspruch auf besondere Berücksichtigung der Lärmaktionsplanung der Gemeinde bei der Entscheidung der Straßenverkehrsbehörde über die verkehrsrechtliche Maßnahme. Es wurde seitens der oberen Straßenverkehrsbehörde hingewiesen, dass auch weiterhin unverändert die einschlägigen straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften zu beachten sind. Dies betrifft insbesondere den § 45 der Straßenverkehrs-Ordnung (und hier speziell den Absatz 9) sowie den dabei anzuwendenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen. Unter Berücksichtigung des § 45 Abs. 9 StVO kommen straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zur Lärmminderung nur dort in Betracht, wo der Verkehrslärm Beeinträchtigungen mit sich bringt, die jenseits dessen liegen, was unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs im konkreten Fall als ortsüblich hingenommen werden muss.
Ergänzend sei hinsichtlich des Mobilitätskonzeptes erwähnt, dass die untere Verkehrsbehörde mit der MV/2023/094 (siehe Anlage, vorgestellt im Planungsausschuss am 05.12.2023) Vorschläge für eine Anordnung von Tempo 30 unterbreitet hat, um dem politischen Wunsch nach Ausweitung der geschwindigkeitsreduzierten Bereiche entgegenzukommen. Damals wurde kein klares politisches Meinungsbild abgegeben. Hier könnte erneut angeknüpft werden.
Insgesamt sollten bei allen Überlegungen die obenstehenden Informationen (z.B. im Hinblick auf Hilfswegezeiten und den ÖPNV), die Kosten und der Verwaltungsaufwand berücksichtigt werden.
Anlagen
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(wie Dokument)
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83,7 kB
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