Mitteilungsvorlage - MV/2020/103

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Beratungsfolge

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Begründung der Verwaltungsempfehlung

Am 02.07.2020 erfolgte eine Veröffentlichung unter https://kommunal.de/dsgvo-gemeinderat-vergessen zu den Auswirkungen des Art. 17 der europäischen Datenschutzgrundverordnung auf den kommunalen Sitzungsdienst. Geschildert wird dort der Fall einer Stadtvertreterin der Stadt Friedberg, die nach jahrelanger Tätigkeit in der Stadtvertretung das Recht auf Löschung ihrer Daten nach Art. 17 der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) geltend macht.

Der Fraktionsvorsitzende der CDU richtete daraufhin an die Verwaltung die Fragen, ob eine gleichgelagerte Situation bei der Stadt Wedel ebenfalls eintreten könne und inwieweit die aktuelle Form der Protokollführung bei der Stadt Wedel mit den geltenden Regelungen des Datenschutzes im Einklang steht.

Zur Beantwortung der Frage wurde die behördliche Datenschutzbeauftragte Frau Roßmann um eine Expertise gebeten. Frau Roßmann ist Fachanwältin für Verwaltungs- und Datenschutzrecht und seit 01.07.2020 für die Stadt Wedel als behördliche Datenschutzbeauftragte bestellt.

Stellungnahme/ Empfehlung der behördlichen Datenschutzbeauftragten

Die derzeit praktizierte Protokollführung bei der Stadt Wedel kann ebenfalls zu dem in der Veröffentlichung vom 02.07.2020 geschilderten Vorfall führen.

Die Datenschutzbeauftragte empfiehlt daher ausdrücklich, nur die gesetzlich notwendige Protokollierung vorzunehmen und sämtliche Daten auch im Ratsinformationssystem zu löschen, wenn diese für die weitere Gremienarbeit nicht mehr benötigt werden. Alternativ wäre eine Protokollierung über den gesetzlichen Mindestinhalt hinaus bei Verzicht auf namentliche Benennung der Redner*innen und Anonymisierung der Gesprächsinhalte zulässig. Das heißt, Redebeiträge wären neutral zu formulieren und dürften keinen Rückschluss auf Personen und ggf. Fraktionszugehörigkeit ermöglichen.

Bei Namen von Personen handelt es sich um personenbezogene Daten. Soweit sich aus dem Kontext der Protokollierung, aus weiteren bekannten Umständen oder aus dem Inhalt der Redebeiträge auch ohne Nennung der Namen der Redner*innen eine Bestimmung der Personen vornehmen lässt, ist dies einer namentlichen Nennung gleichgestellt.

Die Protokollierung bei der Stadt Wedel ist eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten. Hierfür ist nach den Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung- DSGVO eine Rechtsgrundlage zwingend erforderlich. Diese ergibt sich für die grundsätzliche Protokollführung aus Art. 6 Abs. 1 lit. e DSGVO i.V.m. § 43 GO sowie § 15 der Hauptsatzung. Allerdings umfasst diese Rechtsgrundlage nur die Daten, welche dort (in § 43 GO) genannt sind. Die namentliche Nennung der Redner*innen und die Erfassung ihrer Beiträge ist nicht durch diese Ermächtigungsnorm abgedeckt. Daher dürften weder die Namen noch die Redebeiträge selbst verarbeitet, also protokolliert werden.

Der kommunalverfassungsrechtliche Öffentlichkeitsgrundsatz rechtfertigt die Verarbeitung der personenbezogenen Daten nicht. Diesem Grundsatz wird auch durch ein Ergebnisprotokoll mit den laut Kommunalverfassung und Satzungsrecht erforderlichen zwingenden Daten genüge getan. Der Öffentlichkeitsgrundsatz bezieht sich nicht auf eine vollständige Erfassung der Öffentlichkeit mit Ewigkeitsgarantie durch Verarbeitung der Daten und Veröffentlichung im Internet, sondern soll der Öffentlichkeit die Möglichkeit einräumen, an den Sitzungen teilzuhaben.

Die Löschung von Daten ist zwingend vorgeschrieben, wenn diese für die Aufgabenerfüllung als Mitglied des Gemeinderates nicht mehr benötigt werden. Ist eine Beschlussfassung in einer Angelegenheit erfolgt, so endet die Aufgabenzuständigkeit des Gemeinderates und seiner Mitglieder. Personenbezogene Daten – auch in Protokollen - dürften dann nur noch zur Verfügung gestellt werden, wenn die Daten für die künftige Ratstätigkeit noch von Bedeutung sind.

Die alternative Einholung einer Einverständniserklärung zur Datenverarbeitung von allen Sitzungsteilnehmer*innen entbindet indes nicht von der Pflicht zur Löschung aller personenbezogenen Daten bei Widerruf dieser Erklärung und ist allein schon aus diesem Grunde nicht empfehlenswert.

Die Einholung der Einverständniserklärung müsste auch bei Personen erfolgen, die während der Einwohnerfragestunde Redebeiträge erbringen. Ein Verwehren des Einverständnisses darf nicht zu einem Ausschluss des Redebeitrages führen.

Die Einverständniserklärung der Sitzungsteilnehmer*innen müsste zudem vor jeder Sitzung erneut abgegeben werden, da jede Sitzung einen neuen Datenverarbeitungsvorfall auslöst. Eine generelle Erklärung zum Antritt des Ehrenamtes genügt den Erfordernissen nicht. Der Aufwand für die Sitzungsbetreuung würde also steigen. Zudem würde die Erstellung der Protokolle infolge des notwendigen Abgleichs mit den vorliegenden Einverständniserklärungen aufwendiger werden.

Die Einverständniserklärung kann nachträglich jederzeit widerrufen und das Recht auf Löschung nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO geltend gemacht werden. Die derzeit praktizierte Protokollführung bei der Stadt Wedel könnte aus diesem Grunde ebenfalls zu dem in der Veröffentlichung https://kommunal.de/dsgvo-gemeinderat-vergessen vom 02.07.2020 geschilderten Vorfall führen, unabhängig davon, ob zum aktuellen Zeitpunkt alle politischen Vertreter*innen der Datenverarbeitung regelmäßig zustimmen.

Zusammenfassung/ Ergebnis

Die behördliche Datenschutzbeauftragte empfiehlt ausdrücklich eine Reduzierung der Protokollierung auf den gesetzlichen Mindestinhalt, um eine verlässliche Konformität mit den geltenden datenschutzrechtlichen Vorgaben zu erreichen.

Die Verwaltung schließt sich dieser Empfehlung an. Die hierfür erforderliche Änderung der Geschäftsordnung des Rates der Stadt Wedel und seiner Ausschüsse könnte zeitnah erfolgen, um wieder einen datenschutzkonformen Zustand zu erreichen.

Alternativ könnten zwar Einverständniserklärungen zur Datenverarbeitung von jeder*m einzelnen Sitzungsteilnehmer*in im Zuge der Abzeichnung der Teilnehmerlisten erteilt werden. Dieses Vorgehen bietet jedoch keinen hinreichenden Schutz vor unverhältnismäßigen Mehraufwendungen, da betroffene Personen im Nachhinein das Einverständnis zur Datenverarbeitung widerrufen und ihr Recht auf Löschung der Daten geltend machen können.

Auch die bereits in der Vergangenheit vorgestellten und diskutierten Vorteile einer Reduzierung der Protokollierung auf den gesetzlichen Mindestinhalt könnten dann genutzt werden (siehe MV/2019/095 & BV/2019/070).

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Anlagen

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