Mitteilungsvorlage - MV/2022/023
Grunddaten
- Betreff:
-
Vorkaufsrechte der Stadt Wedel und Vorkaufsrechtssatzung
- Status:
- öffentlich (Vorlage freigegeben)
- Vorlageart:
- Mitteilungsvorlage
- Federführend:
- Fachdienst Bauverwaltung und öffentliche Flächen
- Geschäftszeichen:
- 2-61
Beratungsfolge
| Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Haupt- und Finanzausschuss
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Kenntnisnahme
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09.05.2022
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Begründung der Verwaltungsempfehlung
Allgemeines zum Vorkaufsrecht
Vorkaufsrechte bestehen entweder aufgrund privatrechtlicher Vereinbarungen oder aufgrund eines Gesetzes. Es wird also zwischen dem vertraglichen (Bürgerliches Gesetzbuch - BGB) und dem öffentlich-rechtlichen (Baugesetzbuch - BauGB) Vorkaufsrecht unterschieden.
Vertragliche Vorkaufsrechte hat die Stadt Wedel bei den vergebenen Erbbaurechten vereinbart. Die Erbbauberechtigten haben der Stadt Wedel als Grundstückseigentümern in den Erbbaurechtsverträgen ein dingliches, im Grundbuch eingetragenes Vorkaufsrecht für das Erbbaurecht eingeräumt (vgl. 1094 ff BGB).
Gesetzliche Vorkaufsrechte der Gemeinde bestehen nach dem BauGB. Die Rechtsgrundlage für die Ausübung eines Vorkaufsrechts finden sich in den §§ 24 bis 28 BauGB. Das BauGB unterscheidet ein Allgemeines Vorkaufsrecht (§ 24 BauGB) und ein Besonderes Vorkaufsrecht (§ 25 BauGB).
Die Rechtsgrundlage für die Ausübung des Allgemeinen Vorkaufsrechts befindet sich direkt im § 24 BauGB.
Das Allgemeine Vorkaufsrecht steht der Gemeinde insbesondere zu für Grundstücke:
- für die im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes eine Nutzung für öffentliche Zwecke festgesetzt ist (z.B. Verkehrs-, Grün- oder Gemeindebedarfsflächen) oder
- die im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplanes, soweit es sich um unbebaute Flächen im Außenbereich handelt, für die eine Nutzung als Wohnbaufläche oder Wohngebiet festgesetzt ist oder
- im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes, in Gebieten die vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können, soweit die Grundstücke unbebaut sind oder
- im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung.
Das Vorkaufsrecht darf nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Dem Wohl der Allgemeinheit kann insbesondere die Deckung eines Wohnbedarfs in der Gemeinde dienen. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts hat die Gemeinde den Verwendungszweck des Grundstücks anzugeben.
Dem Wohl der Allgemeinheit dient ein Grundstück, wenn es zumindest auch einem öffentlichen Zweck dient. Ein rein fiskalisches Interesse reicht für die Ausübung des Vorkaufsrechtes nicht aus.
Das Allgemeine Vorkaufsrecht wird bereits jetzt, in der Regel bei Grundstücken oder Grundstücksteilen, für die eine Nutzung für öffentliche Zwecke vorgesehen ist, nach Bedarf ausgeübt. Bei Vorliegen eines der in § 24 BauGB genannten Tatbestände, wird unter Beteiligung mehrerer Fachdienste geprüft, ob das Vorkaufsrecht ausgeübt werden soll. In den vergangenen Jahren wurde das Allgemeine Vorkaufsrecht nur in einigen wenigen Fällen für kleiner Straßenverkehrsflächen ausgeübt.
Darüber hinaus gibt es für die Gemeinden noch die Möglichkeit, das Allgemeine Vorkaufsrecht durch das Besondere Vorkaufsrecht des § 25 BauGB zu ergänzen. Mit § 25 BauGB wird die Gemeinde ermächtigt, durch eine Satzung Gebiete festzulegen, in denen ihr ein Vorkaufsrecht zustehen soll. Die Gebiete für die das möglich ist, sind abschließend in § 25 BauGB genannt. Die Gemeinde kann u.a.
- im Geltungsbereich eines Bebauungsplans durch Satzung ihr Vorkaufsrecht an unbebauten Grundstücken begründen;
- in Gebieten, in denen sie städtebauliche Maßnahmen in Betracht zieht, zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung durch Satzung Flächen bezeichnen, an denen ihr ein Vorkaufsrecht an den Grundstücken zusteht.
Das Vorkaufsrecht darf auch bei § 25 BauGB nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Dem Wohl der Allgemeinheit kann insbesondere die Deckung eines Wohnbedarfs in der Gemeinde dienen. Der Verwendungszweck des Grundstücks ist anzugeben, soweit das bereits zum Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts möglich ist.
Eine direkte Rechtsgrundlage zur Ausübung des Vorkaufsrechtes enthält der § 25 BauGB nicht. Er enthält aber die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Vorkaufsrechtssatzung.
Erlass und Nutzung einer Vorkaufsrechtssatzung
- Veranlassung
Sofern bei der Gemeinde ein Interesse besteht, das Eigentum an Flächen zu erwerben, die einem öffentlichen Zweck dienen und die nicht bereits durch das Allgemeine Vorkaufsrecht erworben werden können, könnte der Erlass einer Vorkaufsrechtssatzung in Frage kommen. Insbesondere die Nr. 2 (siehe oben) eröffnet den Gemeinden die Möglichkeit Gebiete und Grundstücke in einer Satzung festzulegen, für die sie einen gemeindlichen Bedarf sieht, z.B. Erweiterungsflächen für Schulen, Feuerwehr, Verkehrsberuhigung, Gewerbe- oder Wohngebiete. Wie auch beim Allgemeinen Vorkaufsrecht reicht ein rein fiskalisches Interesse nicht aus, um ein Vorkaufsrecht zu begründen und städtebauliche Maßnahmen müssen zumindest in Betracht gezogen und benannt werden. Der Erlass einer Vorkaufsrechtssatzung ausschließlich zur Bodenbevorratung ist damit nicht möglich.
- Verfahren
Es muss detailliert (Flurstücks genau) festgelegt werden, welche Flächen im Stadtgebiet für eine Satzung in Frage kommen. Für jedes Gebiet muss, soweit möglich, ein konkreter Zweck/konkretes Entwicklungsziel benannt werden.
Um die Akzeptanz zu erhöhen, ist es sinnvoll die betroffenen Grundstückseigentümer*innen frühzeitig zu beteiligen. Hier besteht vermutlich ein hoher Er- und Aufklärungsbedarf.
Mit der Beteiligung der Betroffenen wird das Interesse der Gemeinde öffentlich bekannt. Gerade in einem angespannten Grundstücksmarkt kann dies zu unerwünschten Ergebnissen führen. U.u. werden anstehende Grundstücksgeschäfte noch vor Erlass der Satzung getätigt und die/das Grundstück(e) stehen dem Markt dann erst einmal nicht zur Verfügung. Andererseits ist es auch möglich, dass Grundstückseigentümer sich aktiv an die Gemeinde wenden, um Grundstücke direkt zu verkaufen. Hier stellt sich allerdings die Frage, ob dies nicht auch durch andere Maßnahmen der Stadt erreicht werden kann.
Eine Satzung ist in den politischen Gremien zu beschließen und anschließend zu veröffentlichen.
- Anwendung/Umsetzung
Allen Vorkaufsrechten ist gleich, dass für die Ausübung zunächst ein Verkaufsfall eintreten muss, d.h. damit die Stadt Wedel als Vorkaufsberechtigte ein Grundstück erwerben kann, muss der Eigentümer des Grundstückes einen rechtskräftigen Verkaufsvertrag mit einem Dritten geschlossen haben. Nur durch den Erlass einer Vorkaufsrechtssatzung werden die Grundstücke nicht städtisch. Daraus ergibt sich, dass eine Vorkaufsrechtssatzung immer langfristig angelegt ist. Mit kurzfristigen Ergebnissen ist in der Regel nicht zu rechnen.
Nicht in jedem Verkaufsfall hat die Gemeinde ein Vorkaufsrecht. Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist insbesondere ausgeschlossen, wenn der Eigentümer das Grundstück an seinen Ehegatten oder an eine Person verkauft, die mit ihm in gerader Linie verwandt oder verschwägert oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt ist.
Die Gemeinde kann ihr Vorkaufsrecht zugunsten eines Dritten ausüben, wenn der Dritte zu der mit der Ausübung des Vorkaufsrechts bezweckten Verwendung des Grundstücks innerhalb angemessener Frist in der Lage ist und sich hierzu verpflichtet.
Wenn alle Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen und die Gemeinde Ihr Vorkaufsrecht ausüben möchte, ist sie berechtigt, den zu zahlenden Betrag nach dem Verkehrswert des Grundstücks im Zeitpunkt des Kaufes zu bestimmen, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert überschreitet. Damit wird unter Umständen die Zahlung eines überhöhten Kaufpreises vermieden. Der Verkäufer/Die Verkäuferin muss diesen (in der Regel) geringeren Verkaufspreis nicht akzeptieren. Ihm/Ihr steht in diesem Fall ein Rücktrittsrecht vom Verkauf zu.
Damit zu einem Verkaufsfall auch Finanzmittel bereitstehen, müssen regelmäßig ausreichend Finanzmittel im Haushalt eingeworben werden und zur Verfügung stehen.
- Referenzen anderer Kommunen
Vorkaufsrechtssatzungen wurden in Holm, Appen und Heidgraben erlassen. Hier wurden u.a. Flächen zur Innenstadtentwicklung und Gewerbeflächen erworben.
