Beschlussvorlage - BV/2021/116
Grunddaten
- Betreff:
-
1. Nachtrag zur Geschäftsordnung für den Rat und die Ausschüsse der Stadt Wedel
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage
- Federführend:
- Fachdienst Interner Dienstbetrieb
- Beteiligt:
- Bürgermeister; Fachbereich 3 - Innerer Service; Justiziariat
- Geschäftszeichen:
- 3-103/dka
Beratungsfolge
| Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
|---|---|---|---|---|
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●
Gestoppt
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Rat der Stadt Wedel
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Entscheidung
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●
Erledigt
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Haupt- und Finanzausschuss
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Vorberatung
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21.03.2022
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Beschlussvorschlag
1. Der Rat beschließt die Änderung der Geschäftsordnung für den Rat und die Ausschüsse der Stadt Wedel nach der in dieser Verwaltungsvorlage aufgeführten Alternative I für die Formulierung des § 32 - Sitzungsprotokoll.
2. Der Rat beschließt den in der Anlage beigefügten 1. Nachtrag zur Geschäftsordnung für den Rat und die Ausschüsse der Stadt Wedel. Dabei wird die in Nr. 1 beschlossenen Alternative sowie die Ergänzung in § 30 Abs. 4 und Streichung des § 33 Abs. 6 umgesetzt.
Darstellung des Sachverhalts
Bereits während eines informellen Austauschs zwischen den Fraktionsvorsitzenden und Vertreter*innen der Verwaltung zur Optimierung der Gremienarbeit am 04.04.2019 wurde seitens der Fraktionsvorsitzenden der Wunsch geäußert, dass die Verwaltung eine Beschlussvorlage zur Änderung der Protokollführung in die politische Diskussion einbringe. Nachdem die Einführung von Ergebnisprotokollen per Beschluss vom 28.11.2019 zunächst grundsätzlich beschlossen wurde, erfolgte die dafür notwendige Änderung der Geschäftsordnung nicht, da sich die politische Mehrheit für die erforderliche Änderung der Geschäftsordnung dann nicht mehr fand. Erst im Nachhinein wurde die datenschutzrechtliche Problematik bekannt und das Ergebnis der Prüfung per Mitteilungsvorlage MV/2020/103 bekanntgegeben. In der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses vom 07.06.2021 erging daraufhin an die Verwaltung der Auftrag, ein Modell zur datenschutzkonformen Protokollführung zu erarbeiten und hierzu einen entsprechenden Beschlussvorschlag vorzulegen.
Aufgrund datenschutzrechtlicher Vorgaben und organisatorischer sowie wirtschaftlicher Grenzen ergeben sich letztlich zwei Alternativen, um die Protokollierung von Sitzungen der kommunalpolitischen Vertretungen rechtssicher und datenschutzkonform zu gestalten.
A. Tabellarischer Vergleich der Alternativen
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Alternative I |
Alternative II |
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§ 30 Abs. 4 Unterbrechung, Vertagung und Aufhebung der Sitzung |
Zu ergänzen: |
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§ 32 Abs. 2 Ziff. 2 e Namen der fehlenden Ratsmitglieder |
streichen |
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§ 32 Abs. 2 Ziff. 6. f. eine kurze Darstellung der unterschiedlichen Standpunkte der Fraktionen |
streichen |
neue Fassung: |
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§ 32 Abs. 2 Ziff. 6. g. den Wortlaut von Anfragen und den Inhalt der Antworten, wenn die Fragestellerin oder der Fragesteller nicht auf die Protokollierung verzichtet |
streichen |
(keine Änderung) |
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§ 32 Abs. 6 S. 1: „Das Protokoll soll innerhalb von 30 Tagen elektronisch vorliegen.“ |
(keine Änderung) |
neue Fassung: |
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§ 33 Einwohnerfragestunde |
Absatz 6 streichen |
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B. Ausführliche Gegenüberstellung der Alternativen I + II
Alternative I – Protokollierung reduziert auf den gesetzlichen Mindestinhalt zzgl. notwendiger Dokumentation des ordnungsgemäßen Sitzungsablaufes
Das gesetzliche Mindestmaß einer Niederschrift ist in § 41 Abs. 1 Gemeindeordnung S-H wie folgt definiert:
(1) Über jede Sitzung der Gemeindevertretung ist eine Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift muss mindestens
1. die Zeit und den Ort der Sitzung,
2. die Namen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer,
3. die Tagesordnung,
4. den Wortlaut der Anträge und Beschlüsse und
5. das Ergebnis der Abstimmungen
enthalten. Die Niederschrift muss von der oder dem Vorsitzenden der Gemeindevertretung und der Protokollführerin oder dem Protokollführer unterzeichnet werden. Sie soll innerhalb von 30 Tagen, spätestens zur nächsten Sitzung, vorliegen.
Diese Regelung setzt einen Zwang zur Datenerhebung und stellt somit eine Legitimierung nach Art. 6 (1) c Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) für die Datenverarbeitung dar. Würden weitere Daten erhoben und verarbeitet, wie beispielsweise Wortbeiträge, Wohnanschriften oder berufliche Qualifizierungen der Sitzungsteilnehmer, wäre diese erweiterte Datenerhebung nicht durch Art. 6 (1) c DSGVO i.V.m. § 41 Abs. 1 GO legitimiert.
Die Geschäftsordnung des Rates der Stadt Wedel sieht in § 32 Abs. 2 eine Protokollierung folgender Inhalte zwingend vor:
1. den Ort und den Tag der Sitzung sowie die Zeit des Beginns, einer Unterbrechung
und des Endes;
2. den Namen
a. der oder des Vorsitzenden,
b. der übrigen anwesenden Ratsmitglieder,
c. der Protokollführerin oder des Protokollführers,
d. der sonstigen persönlich geladenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer,
e. der fehlenden Ratsmitglieder,
f. derjenigen Ratsmitglieder, die von der Beratung und Entscheidung bestimmter Angelegenheiten ausgeschlossen und daher nicht anwesend sind;
3. die Tagesordnung;
4. den Wortlaut der Anträge und Beschlüsse;
5. das Ergebnis der Abstimmungen, wobei gegebenenfalls das Erfordernis eines
besonderen Quorums anzugeben ist;
6. Angaben über
a. die Feststellung der Beschlussfähigkeit und Beschlussunfähigkeit,
b. den Ausschluss und die Wiederherstellung der Öffentlichkeit,
c. die Form, in der Wahlen vorgenommen werden,
d. Ordnungsmaßnahmen (Ruf zur Sache, Ruf zur Ordnung, Wortentziehung,
Ausschluss von Ratsmitgliedern, Ausschluss von Zuhörerinnen oder Zuhörern),
e. Unterbrechungen, Vertagung und Aufhebung der Sitzung;
f. eine kurze Darstellung der unterschiedlichen Standpunkte der Fraktionen;
g. den Wortlaut von Anfragen und den Inhalt der Antworten, wenn die
Fragestellerin oder der Fragesteller nicht auf die Protokollierung verzichtet.
Bei einer Reduzierung der Protokollführung auf das gesetzlich vorgegebene Minimum wären daher folgende Inhalte zu streichen:
- § 32 Abs. 2 Ziff. 2. e. Namen der fehlenden Ratsmitglieder
- § 32 Abs. 2 Ziff. 6. f. eine kurze Darstellung der unterschiedlichen Standpunkte der Fraktionen
-
§ 32 Abs. 2 Ziff. 6. g. den Wortlaut von Anfragen und den Inhalt der Antworten, wenn die Fragestellerin oder der Fragesteller nicht auf die Protokollierung verzichtet
Zu 1.: Die Verpflichtung nach § 41 Abs. 1 GO erstreckt sich nur auf „Teilnehmerinnen und Teilnehmer“, nicht jedoch auf abwesende Gremienmitglieder.
Zu 2.: Die Standpunkte der Fraktionen sind zur Dokumentation einer rechtmäßigen Beschlussfassung nicht erforderlich. Einzig das Abstimmungsergebnis ist maßgeblich. Die Redebeiträge können jedoch selbst bei möglichst neutraler Formulierung Rückschlüsse auf Personen ermöglichen. Insbesondere bei Fraktionen mit kleiner Mitgliederzahl ist solch ein Rückschluss sehr einfach möglich.
Zu 3.: Der Gesetzgeber verpflichtet die Gemeinde dazu, ihren Einwohnerinnen und Einwohnern die Möglichkeit zur Äußerung und Fragestellung im Rahmen der Einwohnerfragestunde einzuräumen. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Protokollierung der Anfragen und Meinungsäußerungen besteht jedoch nicht.
Die Angaben über die Feststellung der Beschlussfähigkeit und Beschlussunfähigkeit, den Ausschluss und die Wiederherstellung der Öffentlichkeit, die Form von Wahlen sowie Unterbrechungen, Vertagung und Aufhebung der Sitzung gehören nicht zum verpflichtenden Inhalt nach § 41 (1) GO. Sie enthalten jedoch keine personenbezogenen Daten und lassen auch keine Rückschlüsse auf personenbezogene Daten zu. Die weitere Protokollierung ist daher unkritisch.
Die Dokumentation von Ordnungsmaßnahmen (Ruf zur Sache, Ruf zur Ordnung, Wortentziehung, Ausschluss von Ratsmitgliedern, Ausschluss von Zuhörerinnen oder Zuhörern) in der Niederschrift ist nicht in dem verpflichtenden Inhaltskatalog des § 41 (1) GO enthalten. Jedoch sind diese Angaben zwingend erforderlich, um eine ordnungsgemäße und unanfechtbare Beschlussfassung zu belegen und sollten daher auch weiterhin protokolliert werden.
Die Alternative I reduziert die Protokollierung daher nicht stringent auf das gesetzliche Mindestmaß, sondern erfasst auch die notwendigen Dokumentationen eines ordnungsgemäßen Sitzungsablaufes.
Alternative II –Protokollierung mit Einverständniserklärung zur Datenverarbeitung
Eine andere Ermächtigung zur Datenverarbeitung könnte gem. Art. 6 (1) a DSGVO erfolgen, indem vor jeder Sitzung das Einverständnis von allen Sitzungsteilnehmenden eingeholt wird. Da jede Sitzungsniederschrift einen neuen Datenerhebungsvorfall darstellt und Einverständniserklärungen nicht pauschal, sondern nur für den konkreten Vorgang erteilt werden können, müsste vor jeder Sitzung von jedem*r Sitzungsteilnehmenden eine Einverständniserklärung abgegeben werden. Dies würde aus Praktikabilitätsgründen zusammen mit der Anwesenheitsliste erfolgen.
Eine unveränderte Protokollführung „wie bisher“ kann auch bei Aufrechterhaltung des bisherigen Inhalts nicht mehr erfolgen. Bei allen Gremienmitgliedern, bei geladenen Gästen und bei anwesenden Einwohner*innen ist eine schriftliche Einverständniserklärung zur Datenverarbeitung einzuholen. Mündliche Zustimmungen genügen der Nachweispflicht nicht.
Einwohner*innen, die ihr Einverständnis zur Datenverarbeitung nicht geben, müssten im Rahmen der Einwohnerfragestunde dennoch gehört werden und die Wortmeldung wäre zu protokollieren. Den Protokollführungen sind die Einwohner*innen für gewöhnlich nicht persönlich bekannt, so dass eine Zuordnung von erteilten Einverständniserklärungen zu den Wortbeiträgen häufig nicht während der Sitzung gelingen wird. Wortbeiträge und Fragen der Einwohner*innen müssten also anonymisiert in der Niederschrift erfasst werden und auch aus dem Wortbeitrag bzw. der Antwort des Gremiums oder der Verwaltung selbst darf sich kein Rückschluss auf die Person ergeben.
Bei Anwendung der Alternative II wären somit folgende Änderungen der Geschäftsordnung notwendig:
1. Zu streichen wäre § 32 Abs. 2 Ziff. 2 e Namen der fehlenden Ratsmitglieder.
2. § 32 Abs. 2 Ziff. 6 f neue Fassung: „eine kurze Darstellung der unterschiedlichen Standpunkte der Fraktionen, ohne dass ein Rückschluss auf personenbezogene Daten der vortragenden Person möglich ist;“
3. § 32 Abs. 6 S. 1 neue Fassung: „Das Protokoll soll innerhalb von 30 Tagen elektronisch vorliegen.“
Zu 1.: Fehlende Ratsmitglieder können zum Beginn der Sitzung keine Einverständniserklärung zur Datenverarbeitung abgeben. Die Verpflichtung nach § 41 Abs. 1 GO erstreckt sich nur auf „Teilnehmerinnen und Teilnehmer“, nicht jedoch auf abwesende Gremienmitglieder. Es fehlt eine Legitimierung zur Datenverarbeitung insgesamt (§§ 6 Abs. 1 a + c DSGVO) und die Nennung der fehlenden Ratsmitglieder ist mit den Regelungen der DSGVO nicht vereinbar.
Zu 2.: Schon heute schreibt die Geschäftsordnung keine namentliche Nennung von Rednern vor, sondern sieht lediglich eine Darstellung von Standpunkten der Fraktionen vor. Bei Verbleib dieser Regelung obliegt es den Protokollführungen eine möglichst neutrale oder ggf. auch anonymisierte Darstellung der Standpunkte der Fraktionen zu formulieren.
Die vorgesehene Ergänzung „…ohne dass ein Rückschluss auf personenbezogene Daten der vortragenden Person möglich ist;“ ist dennoch sinnvoll, um den eindeutigen Willen zur datenschutzkonformen Protokollierung zu dokumentieren.
Da vor allem in den Ausschüssen teilweise nur jeweils ein*e Vertreter*in der Fraktion anwesend ist, lässt selbst ein Verzicht auf die namentliche Benennung des*der Redner*in Rückschlüsse auf den*die Redner*in zu, wenn der Standpunkt der Fraktion dokumentiert wird. Die Abgabe der Einverständniserklärung zur Datenverarbeitung ist also zusätzlich erforderlich.
Zu 3.: Die aktuell verankerte Frist zur Vorlage des Protokolls von 14 Tagen kann bei Umsetzung der Alternative II nicht sicher gehalten werden. Die Frist betrug zuvor 30 Tage und wurde in Erwartung einer veränderten Protokollführung (Einführung von Ergebnisprotokollen) reduziert. Die Änderung der Protokollführung erfolgte nicht. Dennoch wurde die Frist zur Vorlage des Protokolls auf 14 Tage herabgesetzt. Bei derzeitiger Protokollführung ist diese Frist nicht konsequent zu halten, da insbesondere für Planungsausschuss und Umwelt-, Bau- und Feuerwehrausschuss aufgrund der sehr umfangreichen Abstimmungsbedarfe deutlich längere Zeiten für die Protokollerstellung erforderlich sind. Die Frist nach § 32 Abs. 6 der Geschäftsordnung des Rates sollte bei Anwendung der Alternative II daher wieder auf 30 Tage angehoben werden. Die Frist entspräche dann wieder der Regelung des § 41 Abs. 1 Satz 4 GO.
Weitere Änderungen der Geschäftsordnung sind nicht erforderlich. Die notwendigen Anpassungen betreffen im Weiteren nur den organisatorischen Ablauf der Sitzungen und die praktische Durchführung der Protokollierung bei Anwendung der Geschäftsordnung.
Weitere Änderungen (in beiden Alternativen gleichermaßen vorgesehen):
§ 30 Abs. 4 - Verbindliches Sitzungsende:
Am 17.06.2021 hat der Rat der Stadt Wedel beschlossen, die Geschäftsordnung für den Rat und die Ausschüsse der Stadt Wedel im § 30 „Unterbrechung, Vertagung und Aufhebung der Sitzung“ um folgenden neuen Absatz zu ergänzen:
„(4) Nach 22:00 Uhr werden keine weiteren Tagesordnungspunkte aufgerufen. Der in Beratung befindliche Tagesordnungspunkt wird abschließend behandelt. Danach ist die Sitzung zu schließen. Die restlichen Punkte sind in der direkt nachfolgenden Sitzung an vorderer Stelle auf die Tagesordnung zu setzen.“
Die Regelung wird bereits praktiziert. Die Aufnahme der Regelung in die Geschäftsordnung bedarf jedoch eines formalen Beschlusses über einen Nachtrag bzw. über eine Neufassung der Geschäftsordnung, welche mit diesem Beschluss nachgeholt wird.
§ 33 – Einwohnerfragestunde
Abs. 1 und Abs. 6 regeln, dass die Einwohnerfragestunde grundsätzlich erster Tagesordnungspunkt einer öffentlichen Ratssitzung (Abs. 1) bzw. einer öffentlichen Ausschusssitzung (Abs. 6) ist.
Nach § 36 Abs. 4 gelten die Regelungen des Rates für die Sitzungen der Ausschüsse sinngemäß.
Somit ist die Regelung in § 33 Abs. 6 doppelt, sodass der Absatz gestrichen werden kann.
C. Ergänzende Erläuterungen/ Hinweise
Die Umsetzung einer der beiden Alternativen führt jeweils zu unterschiedlichen Auswirkungen hinsichtlich des Informationswertes für die interessierte Öffentlichkeit, der personellen und finanziellen Aufwendungen sowie der verbleibenden datenschutzrechtlichen Risiken.
Öffentliches Interesse an Protokollierung von Redebeiträgen
Sitzungsniederschriften sind im Stadtarchiv, in der Stadtbücherei und im Bürgerinformationssystem (online) einsehbar. Der Nutzungsgrad dieser Recherchemöglichkeiten lässt einen ungefähren Rückschluss auf das öffentliche Interesse der Bürger*innen an möglichst detaillierten Protokollierungen zu.
Im Stadtarchiv werden sämtliche Sitzungsniederschriften archiviert und können dort von interessierten Bürger*innen eingesehen werden. Bislang wurden jedoch keine Sitzungsniederschriften von interessierten Bürger*innen abgefordert oder eingesehen. Betrachtet wurde hierbei ein Zeitraum von mehr als 15 Jahren. Einzig verwaltungsinterne Kräfte recherchierten vereinzelt in den Unterlagen nach Beschlusstext und Abstimmungsergebnis.
Die Sitzungsunterlagen liegen ebenfalls in der Stadtbücherei zur Einsichtnahme aus. Bis vor der Corona-Pandemie wurden diese von lediglich vier Stammlesern relativ regelmäßig eingesehen. Ob hierbei die Sitzungsunterlagen einer zukünftig stattfindenden Sitzung eingesehen wurden oder eine Einsichtnahme in Sitzungsniederschriften bereits vergangener Tagungen erfolgte, kann nicht eingegrenzt werden. Festgestellt wurde jedoch, dass diese Stammleser auch häufig persönlich in den Sitzungen anwesend waren.
Seit April 2020 wurde die Auslage in der Stadtbücherei laut den dort Beschäftigten gar nicht mehr genutzt. In diesem Zeitraum war die Stadtbücherei coronabedingt über mehrere Wochen geschlossen. Doch auch seit Öffnung der Einrichtung konnte eine Einsichtnahme in die Sitzungsunterlagen nicht festgestellt werden. Städtebauliche Planungsunterlagen wurden in der Stadtbücherei nach Auskunft der Mitarbeitenden noch nie eingesehen.
In der Stadtbücherei liegen die Sitzungsunterlagen und Niederschriften über einen Zeitraum von einem Jahr ab Sitzungstermin und werden dann vernichtet. Niederschriften zu Sitzungen, die länger als ein Jahr zurückliegen, können dann nur im Stadtarchiv eingesehen werden.
Interessierte Bürger*innen haben zusätzlich zu den gedruckten Exemplaren auch die Möglichkeit im digitalen Bürgerinformationssystem Sitzungsniederschriften für den öffentlichen Sitzungsteil einzusehen. Die Anzahl der Aufrufe kann jedoch nicht ausgewertet werden, da die Klick-Zahlen nicht aufgezeichnet werden. Ein Tracking könnte zwar durch den Softwareanbieter eingerichtet werden, allerdings liefert dies dann nur für die Zukunft entsprechende Daten. Zudem würde sich dies negativ auf die Nutzerfreundlichkeit des Bürgerinformationssystems auswirken, da dann dort ebenfalls die entsprechenden Einverständniserklärungen zum Tracking und zur Cookie-Nutzung abgefordert werden müssten.
Ein besonderes, ausgeprägtes Interesse der Öffentlichkeit an einer umfangreichen Niederschrift von politischen Sitzungen konnte, zumindest bezogen auf die gedruckten Exemplare, nicht festgestellt werden. Die Einsichtnahme in Sitzungsunterlagen findet nur äußerst selten statt. Weder die Reduzierung der Niederschrift auf den gesetzlichen Mindestinhalt zuzüglich der Dokumentation eines ordnungsgemäßen Sitzungsablaufes noch eine anonymisierte Protokollierung der Fraktionsstandpunkte wird absehbar zu einer nennenswerten Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses führen.
Datenschutz
Die behördliche Datenschutzbeauftragte (BDSB) stellte nach Prüfauftrag im August 2020 fest, dass die derzeitige Protokollführung nicht datenschutzkonform erfolgt. Mit Mitteilungsvorlage MV/2020/103 wurde der Haupt- und Finanzausschuss in seiner Sitzung am 07.06.2021 und der Rat in seiner Sitzung am 17.06.2021 hierüber informiert. Im Diskussionsverlauf wurde kritisiert, dass die Ausarbeitung der BDSB lediglich eine Einzelmeinung darstelle und nicht Allgemeingültigkeit entfalte. Hierzu ist daher zu ergänzen, dass die BDSB dem Team Datenschutz des kommunit IT-Zweckverbandes Schleswig-Holstein zugehörig ist. Derartige Stellungnahmen werden dort stets teamintern abgestimmt, damit bei allen betreuten Verbandskommunen eine gleichmäßige Behandlung der Datenschutzthemen erfolgt. Die Stellungnahme der BDSB ist folglich keine Einzelmeinung, sondern Ausfluss der rechtlichen Prüfung mehrerer Fachjuristen.
Die behördliche Datenschutzbeauftragte empfiehlt ausdrücklich, nur den gesetzlichen Mindestinhalt zu protokollieren. Diese Datenerhebung wäre dann gesetzlich legitimiert und bedarf keiner weiteren Vorbereitung.
Sofern über den gesetzlichen Mindestinhalt hinaus Daten protokolliert und somit verarbeitet werden, bedarf es einer anderweitigen Legitimierung. Auf die ausführliche Darstellung der behördlichen Datenschutzbeauftragten wird an dieser Stelle verwiesen (MV/2020/103). Eine solche Protokollierung ist wie in Alternative II –Protokollierung mit Einverständniserklärung zur Datenverarbeitung dargestellt möglich. Die Protokollführungen müssen für eine solch neutrale Protokollierung ggf. noch gesondert geschult werden.
Sofern Sitzungsteilnehmende jedoch ihr Recht auf Löschung der persönlichen Daten geltend machen, muss nach heutiger Rechtslage dennoch in digitalen und gedruckten Sitzungsunterlagen nach vorhandenen Daten zu der jeweiligen Person geforscht werden. Diese Daten müssen dann nachträglich entfernt werden, sofern die Datenerhebung in den Niederschriften über den gesetzlich legitimierten Mindestinhalt hinausgeht. Der erhebliche personelle Aufwand sowie kostenpflichtige Dienstleistungen des Softwareanbieters der Gremiensoftware müssten dann zwangsläufig in Kauf genommen werden.
Personalbedarfe
Der Aufwand für die Sitzungsbetreuung ist je nach Gremium stark schwankend. Neben der Protokollführung obliegt der Sitzungsbetreuung die Organisation der Räumlichkeit, der Hygienemaßnahmen, der technischen Ausstattung und weiterer Maßnahmen, damit die Sitzung ordnungsgemäß erfolgen kann.
Die datenschutzkonforme Protokollierung mit Einverständniserklärung der Sitzungsteilnehmenden würde den Aufwand für Organisation und Durchführung der Sitzung weiter erhöhen. Zu jeder Sitzung müssten die erteilten Einverständniserklärungen bei Erstellung der Niederschrift geprüft werden. Ein größerer Zeitaufwand wird zudem notwendig, um eine erforderliche Anonymisierung in den Redebeiträgen vorzunehmen.
Darüber hinaus wären alle Gremienbetreuungen für die laufende Aktualisierung der Datenschutzerklärung und der Vorlage zur Einverständniserklärung zuständig. Rechtsänderungen müssten zeitnah in beiden Dokumenten eingearbeitet/ berücksichtigt werden. Zumindest dieser Arbeitsschritt könnte jedoch zentral erfolgen.
Der personelle Mehrbedarf pro Ausschusssitzung für Druck der Einverständniserklärung und der Datenschutzerklärung sowie Verteilung der Dokumente vor der Sitzung, für eine Rücklaufkontrolle der Erklärungen vor der Sitzung, für Erläuterungen für Gäste/ Bürger*innen, für Anonymisierung der Redebeiträge und für eine digitale Dokumentation der Einverständniserklärungen kann mangels Vergleichs- und Erfahrungswerte noch nicht exakt beziffert werden.
Dieser Mehraufwand bindet personelle Kapazitäten. Diese fehlen dann bei der Bewältigung der übrigen Fachaufgaben, die den Gremienbetreuungen in ihren jeweiligen Fachdiensten obliegen und würde zudem die Aufwendungen für den Sitzungsdienst weiterhin ansteigen lassen. Bereits heute liegt Wedel mit seinen Aufwendungen im Vergleich der Mittelzentren deutlich über dem Durchschnitt, wie die „Überörtliche Prüfung 2019 der Stadt Wedel“ durch den Landesrechnungshof zeigte.
Steuerungsinstrument ELM* QU* WE* Ø
Verfügbare VZÄ 2,84 1,02 3,14 2,33
Kosten gesamt 187.039 € 90.656 € 172.252 € 149.982 €
Anzahl Sitzungen 57 61 64 61
Kosten pro Sitzung 3.281 € 1.486 € 2.691 € 2.486 €
(Quelle: LRH Pr 1885/2019 vom 30.09.2021; S. 108, Pkt. 3.7.5 Organisation des Sitzungsdiensts)
Die Protokollierung des gesetzlichen Mindestinhaltes zuzüglich der notwendigen Dokumentation des ordnungsgemäßen Sitzungsablaufes würde keine nachträgliche Anonymisierung erfordern, da die Einschränkungen des Datenschutzes gesetzesimmanent sind und somit keine weitere Legitimierung der Datenerhebung notwendig ist. Auch die erforderlichen Sitzungsvorbereitungen würden sich auf das jetzt bereits praktizierte Verfahren beschränken.
Begründung der Verwaltungsempfehlung
Die Verwaltung empfiehlt, die Alternative I umzusetzen und eine Protokollierung nach gesetzlichem Mindestmaß gemäß § 41 Abs. 1 GO S-H zuzüglich einer notwendigen Dokumentation des ordnungsgemäßen Sitzungsablaufes einzuführen. Alternative II führt zu einem noch größeren Aufwand für Sitzungsvorbereitung, -durchführung und –protokollierung und unterstützt die derzeitigen Bemühungen um eine effiziente und ehrenamtsfreundliche Gremienarbeit nicht.
Zudem verbleibt bei Alternative II ein Restrisiko, dass die Legitimierung zur ordnungsgemäßen Datenverarbeitung im Nachhinein durch Widerruf der Einverständniserklärung wieder entzogen wird.
Die Reduzierung auf das gesetzliche Mindestmaß an Protokollierung zuzüglich der notwendigen Dokumentation des ordnungsgemäßen Sitzungsablaufes führt zur Einführung eines Ergebnis-protokolls. Dies fand, wie bereits dargestellt, bei der letzten Änderung der Geschäftsordnung keine politische Mehrheit. Bei Betrachtung aller möglichen Optionen zur Herstellung einer datenschutzkonformen Protokollführung ergibt sich jedoch, dass die Verwendung von Ergebnisprotokollen nach gesetzlichem Mindestmaß am besten geeignet ist, um verlässlich und nachhaltig einen datenschutzkonformen Zustand herzustellen. Aufgrund des geringeren Personalbedarfes ist sie zudem die wirtschaftlichere Lösung bei gleichzeitiger Wahrung der öffentlichen Interessen.
Darstellung von Alternativen und deren Konsequenzen mit finanziellen Auswirkungen
Die hier vorgeschlagene Änderung der Geschäftsordnung unter Anwendung der Alternative I könnte alternativ nicht beschlossen werden. Stattdessen könnte die Änderung der Geschäftsordnung wie in Alternative II dargestellt beschlossen werden. Der grundsätzliche Umfang der Sitzungsniederschriften würde sich im Verhältnis zum heutigen Stand kaum ändern. Durch eine Anonymisierung der Redebeiträge und Einholung der Einverständniserklärung zur Datenverarbeitung vor jeder Sitzung könnte ein datenschutzkonformer Zustand herbeigeführt werden.
Die Personalaufwände für die Gremienbetreuung würden sich jedoch durch die aufwändigere Sitzungsvor- und -nachbereitung erhöhen. Erste Erfahrungswerte zeigen, dass mit einer Aufwandssteigerung von durchschnittlich 3 Stunden pro Gremium zu rechnen ist.
Alternative II führt zu einer Fortführung der auch bisher praktizierten, dezentralen Gremienbetreuung durch Mitarbeitende der zugeordneten Fachdienste, um eine Dokumentation mit fachlich korrektem Terminus durch die Protokollführung sowie durch deren Vertretung zu ermöglichen. Die Protokollführer*innen würden hinsichtlich einer anonymisierten, datenschutz-konformen Protokollführung geschult werden.
Finanz. Auswirkung
Der Beschluss hat finanzielle Auswirkungen: ja nein
Mittel sind im Haushalt bereits veranschlagt ja teilweise nein
Es liegt eine Ausweitung oder Neuaufnahme von freiwilligen Leistungen vor: ja nein
Die Maßnahme / Aufgabe ist vollständig gegenfinanziert (durch Dritte)
teilweise gegenfinanziert (durch Dritte)
nicht gegenfinanziert, städt. Mittel erforderlich
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Aufgrund des Ratsbeschlusses vom 21.02.2019 zum Handlungsfeld 8 (Finanzielle Handlungsfähigkeit) sind folgende Kompensationen für die Leistungserweiterung vorgesehen:
(entfällt, da keine Leistungserweiterung)
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Ergebnisplan |
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Erträge / Aufwendungen |
2021 alt |
2021 neu |
2022 |
2023 |
2024 |
2025 ff. |
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in EURO |
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*Anzugeben bei Erträge, ob Zuschüsse / Zuweisungen, Transfererträge, Kostenerstattungen/Leistungsentgelte oder sonstige Erträge Anzugeben bei Aufwendungen, ob Personalkosten, Sozialtransferaufwand, Sachaufwand, Zuschüsse, Zuweisungen oder sonstige Aufwendungen |
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Erträge* |
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Aufwendungen* |
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Saldo (E-A) |
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Investition |
2021 alt |
2021 neu |
2022 |
2023 |
2024 |
2025 ff. |
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in EURO |
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Investive Einzahlungen |
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Investive Auszahlungen |
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Saldo (E-A) |
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(wie Dokument)
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